Rentenartfaktor regelt das Sicherungsziel einer Rente
Bei der Berechnung einer gesetzlichen Rente spielt der sogenannte Rentenartfaktor eine bedeutende Rolle. Hierbei handelt es sich um einen Faktor, mit dem das jeweilige Sicherungsziel einer Rente rechnerisch umgesetzt wird. Mit dem Rentenartfaktor wird damit in der Rentenformel abgebildet, ob eine gesetzliche Rente den Sinn und Zweck hat, das bisherige Entgelt voll oder nur teilweise zu ersetzen.
Die Rentenartfaktoren unterscheiden sich in der allgemeinen Rentenversicherung und in der knappschaftlichen Rentenversicherung. In der allgemeinen Rentenversicherung sind die Rentenartfakten in § 67 SGB VI, in der knappschaftlichen Rentenversicherung in § 82 SGB VI geregelt.
Rentenartfaktoren in der allgemeinen Rentenversicherung
Rentenartfaktor 1,0
Beträgt der Rentenartfaktor 1,0, bedeutet dies, dass die Renten das volle Entgelt ersetzen soll. Daher kommt bei der Altersrente, der vollen Erwerbsminderungsrente und der Erziehungsrente der Rentenartfaktor 1,0 zur Anwendung.
Besonderheiten bei den Erwerbsminderungsrenten
Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit erhalten den Rentenartfaktor 0,5. Diese Renten erfüllen für den Versicherten nur eine Zuschussfunktion. Da noch ein Restleistungsvermögen vorhanden ist, kann dieses noch für die Erzielung von Arbeitsentgelt eingesetzt werden, sodass durch die Rente nur die Differenz zum vollen Entgelt aufgefangen werden muss.
Bis zum 31.12.2000 sah der Leistungskatalog der Gesetzlichen Rentenversicherung die Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsrente vor. Diese Renten wurden durch eine Reform der Erwerbsminderungsrenten ab dem 01.01.2001 von der teilweisen und vollen Erwerbsminderungsrente abgelöst.
Die Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsrenten gelten seit dem 01.07.2017 ebenfalls als Erwerbsminderungsrenten. Allerdings behalten diese noch den früheren Rentenartfaktor, der bei der Berufsunfähigkeitsrente bei 0,6667 und bei der Erwerbsunfähigkeitsrente bei 1,0 lag.
Rentenartfaktor bei Hinterbliebenenrenten
Die kleine Witwen- bzw. Witwerrente erhält den Rentenartfaktor 0,25. Die große Witwen- bzw. Witwerrente erhält den Rentenartfaktor 0,55.
Bei der Halbwaisenrente beträgt der Rentenartfaktor 0,1 und bei der Vollwaisenrente beträgt der Rentenartfaktor 0,2.
Besonderheiten bei den Witwen-/Witwerrenten
Bei allen Witwen- und Witwerrente gibt es die Besonderheit, dass während des Sterbevierteljahres der Rentenartfaktor 1,0 beträgt. Beim Sterbevierteljahr handelt es sich um das Sterbemonat des Versicherten und die darauf folgenden drei Kalendermonate.
Zudem gibt es noch eine Besonderheit bei den großen Witwen-/Witwerrenten. Hier kommt anstatt des Rentenartfaktor 0,55 noch der Rentenartfaktor 0,6 zur Anwendung, wenn entweder der Ehegatte vor dem 01.01.2002 verstorben ist oder wenn die Ehe vor dem 01.01.2002 geschlossen wurde und mindestens ein Ehegatte vor dem 02.01.1962 geboren ist.
Die möglichen Rentenartfaktoren, welche in der allgemeinen Rentenversicherung zum Tragen kommen können, sind in der folgenden Tabelle aufgeführt.
Rente | Rentenartfaktor |
Altersrenten | 1,0 |
Volle Erwerbsminderungsrente | 1,0 |
Teilweise Erwerbsminderungsrente | 0,5 |
Erwerbsunfähigkeitsrente | 1,0 |
Berufsunfähigkeitsrente | 0,6667 |
Erziehungsrente | 1,0 |
Witwen-/Witwerrente während Sterbevierteljahr | 1,0 |
Große Witwen-/Witwerrente | 0,55 |
Große Witwen-/Witwerrente (in besonderen Fällen, s. oben) | 0,6 |
Kleine Witwen-/Witwerrente | 0,25 |
Vollwaisenrente | 0,2 |
Halbwaisenrente | 0,1 |
Rentenartfaktoren in der knappschaftlichen Rentenversicherung
Die knappschaftliche Rentenversicherung (knRV) sieht bei den Renten besondere Rentenartfaktoren vor, welche sich von den Rentenartfaktoren der allgemeinen Rentenversicherung unterscheiden.
Grundsätzlich sind die Rentenartfaktoren der knappschaftlichen Rentenversicherung um ein Drittel gegenüber den Rentenartfaktoren der allgemeinen Rentenversicherung erhöht. Eine Ausnahme besteht lediglich bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Zudem gibt es noch eine Besonderheit bei den Entgeltpunkten, welche sich für ständige Arbeiten unter Tage berechnen. Hierfür kommen spezielle Rentenartfaktoren zur Anwendung (die in § 82 Satz 2 SGB VI geregelt sind).
Bei der großen Witwen-/Witwerrente besteht – wie auch in der allgemeinen Rentenversicherung (s. oben) – die Sonderregelung mit einem erhöhten Rentenartfaktor in bestimmten Fallkonstellationen.
Die möglichen Rentenartfaktoren, welche in der knappschaftlichen Rentenversicherung zum Tragen kommen können, sind in der folgenden Tabelle aufgeführt.
Rente | Rentenartfaktor |
Altersrenten | 1,3333 |
Rente wegen voller Erwerbsminderung | 0,9 |
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn noch eine in der knRV versicherte Beschäftigung ausgeübt wird | 0,6 |
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in allen übrigen Fällen | 0,9 |
Erziehungsrente | 1,3333 |
Witwen-/Witwerrente während Sterbevierteljahr | 1,3333 |
Große Witwen-/Witwerrente | 0,7333 |
Kleine Witwen-/Witwerrente | 0,3333 |
Vollwaisenrente | 0,2667 |
Halbwaisenrente | 0,1333 |
Spezielle Rentenartfaktoren * | |
Rente für Bergleute | 1,3333 |
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung | 1,3333 |
Große Witwen-/Witwerrente | 0,8 |
Kleine Witwen-/Witwerrente (Sterbevierteljahr) | 1,3333 |
Kleine Witwen-/Witwerrente (nach Ablauf Sterbevierteljahr) | 0,7333 |
* Für Berechnung der zusätzlichen Entgeltpunkte für ständige Arbeiten unter Tage!
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Empfehlenswert ist die Überprüfung des Rentenbescheides, da es sich um eine Leistung handelt, welche über einen langen Zeitraum gewährt wird (und eine Fehlberechnung zu finanziellen Verlusten führt). Zudem kann sich aufgrund der komplexen Berechnungsvorschriften und der vielfältigen Sonderregelungen, welche das gesetzliche Rentenrecht vorsieht, schnell ein Berechnungsfehler einschleichen.
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