Kindererziehung

Die rentenrechtliche Bewertung von Kindererziehungszeiten

Für Kindererziehungszeiten werden bei der Berechnung einer gesetzlichen Rente Entgeltpunkte gutgeschrieben und damit die Rentenzahlung erhöht. Bei den Kindererziehungszeiten und damit auch bei der konkreten Höhe der zusätzlichen Entgeltpunkte wird danach unterschieden, ob das Kind vor dem 01.01.1992 oder nach dem 31.12.1991 geboren wurde.

Grundsätzliches zu den Kindererziehungszeiten

Nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 56 Abs. 1 SGB VI) sind Kindererziehungszeiten Zeiten, in denen ein Kind in dessen ersten drei Lebensjahren erzogen wird. Diese Regelung trifft allerdings nur dann zu, wenn das Kind ab dem 01.01.1992 geboren wurde.

Wurde das Kind vor dem 01.01.1992 (also bis 31.12.1991) geboren, werden ab dem Monat nach Ablauf der Geburt 30 Monate – also 2,5 Jahre – als Kindererziehungszeit anerkannt (§ 249 SGB VI).

Die unterschiedliche Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten für Kinder, die vor bzw. ab dem 01.01.1992 geboren wurden, war in der Vergangenheit über lange Zeiten hinweg in der politischen Diskussion. Mit Einführung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch zum 01.01.1992 wurden erstmals für die ab diesem Tag geborenen Kinder 36 Monate als Kindererziehungszeit anerkannt.

Für Kinder, die vor dem 01.01.1992 geboren wurden, wurden zwölf Monate – also nur ein Jahr – an Kindererziehungszeit berücksichtigt. Diese Ungleichbehandlung führte dazu, dass die Kindererziehungszeit für diese Kinder mit Einführung der Mütterrente zum 01.07.2014 auf 24 Monate – also zwei Jahre – ausgedehnt wurde. Mit der Einführung der Mütterrente II kam es zum 01.01.2019 nochmals zu einer Ausdehnung der Kindererziehungszeit auf insgesamt 30 Monate.

Bei den Kindererziehungszeiten handelt es sich um Pflichtbeitragszeiten.

Die Kindererziehungszeiten werden dem Elternteil zugeordnet, der das Kind erzogen hat. In der Praxis ist dies im Regelfall die Mutter des Kindes. Sollte das Kind von den Eltern gemeinsam erzogen worden sein, kann durch eine übereinstimmende Erklärung bestimmt werden, wem die Kindererziehungszeit zugeordnet wird. Eine Kindererziehungszeit kann also daher durchaus auch dem Vater zugeordnet werden.

Bewertung der Kindererziehungszeit bei der Rentenberechnung

Kindererziehungszeiten werden bei der Rentenberechnung mit 0,0833 Entgeltpunkten (EP) je Kalendermonat bewertet. Das heißt, dass pro Jahr ein knapper Entgeltpunkt (0,0833 Entgeltpunkte x 12 Monate = 0,9996 Entgeltpunkte) gutgeschrieben wird. Von daher erhalten Versicherte, deren Kinder:

  • bis 31.12.1991 geboren sind: (30 Monate x 0,0833 EP) 2,4990 Entgeltpunkte
  • ab 01.01.1992 geboren sind: (36 Monate x 0,0833 EP) 2,9988 Entgeltpunkte

grundsätzlich gutgeschrieben.

Diese Entgeltpunkte werden gutgeschrieben, wenn die Versicherte während der Kindererziehungszeit keine weiteren Pflichtbeiträge, z. B. aufgrund einer Beschäftigung, „erwirtschaftet“ hat. Sollte neben der Kindererziehungszeit z. B. eine Beschäftigung oder eine rentenversicherungspflichtige ehrenamtliche Pflegetätigkeit ausgeübt worden sein, können sich für die Kindererziehung geringere Entgeltpunkte ergeben. Die gesetzlichen Vorschriften schreiben nämlich vor, dass die Kindererziehungszeiten und die sonstigen Pflichtbeitragszeiten zusammengezählt – additiv bewertet – werden. Vorrangig werden die Entgeltpunkte für die sonstigen Pflichtbeitragszeiten gutgeschrieben. Erst danach kommt es zu einer Berücksichtigung der Entgeltpunkte für die Kindererziehung. Sollte sich in der Summe dann eine Entgeltpunktzahl errechnen, welche den in diesem Jahr geltenden Höchstwert (nach Anlage 2b zum SGB VI) überschreitet, kommt es zu einer Kürzung der Entgeltpunkte aus der Kindererziehungszeit. Dies ergibt sich aus § 70 Abs. 2 SGB VI.

Beispiel:

Eine Versicherte hat ein Kind erzogen, das am 15.01.1993 geboren wurde. Das heißt, dass für die Zeit von Februar 1993 bis Januar 1996 als Kindererziehungszeit anerkannt und zu bewerten ist.

Im Jahr 1994 hat die Versicherte eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Aufgrund des beitragspflichtigen Entgeltes aus der Beschäftigung im Kalenderjahr 1994 wurden 1,1000 Entgeltpunkte erzielt.

Der jährliche Höchstwert an Entgeltpunkten liegt (nach Anlage 2b zum SGB VI) bei 1,8558 Entgeltpunkten.

Berechnung:

Aus der Beschäftigung erhält die Versicherte 1,1000 Entgeltpunkte. Zusätzlich kommen aufgrund der Kindererziehung noch (12 Monate x 0,0833 EP) 0,9996 Entgeltpunkte hinzu, sodass sich eine grundsätzliche Gesamtpunktzahl von 2,0996 ergibt. Damit wird der Höchstwert von 1,8558 Entgeltpunkten überschritten. Das heißt, dass – da die sonstigen Beitragszeiten (hier aus der Beschäftigung) – vorrangig zu berücksichtigen sind, die Entgeltpunkte aus der Kindererziehung um (2,0996 EP – 1,8558 EP) 0,2438 Entgeltpunkte zu kürzen sind.

Für das Jahr 1994 werden für die Kindererziehungszeit nicht die vollen 0,9996 Entgeltpunkte, sondern „nur“ (0,9996 EP – 0,2438 EP) 0,7558 Entgeltpunkte gutgeschrieben.

In den Rentenbescheiden der Rentenversicherungsträger werden die Entgeltpunkte für die Kindererziehungszeit gesondert ausgewiesen. Die o. g. Berechnungssystematik kann dafür verantwortlich sein, dass nicht die volle Entgeltpunktzahl an Kindererziehungszeiten (also z. B. 2,9988 Entgeltpunkte für ein ab 01.01.1992 geborenes Kind) ausgewiesen sind.

Die Begrenzung der Entgeltpunkte aus der Kindererziehungszeit auf den jährlich maßgebenden Höchstwert war bereits Gegenstand von sozialgerichtlichen Klageverfahren. Mit Urteilen vom 16.10.2019 (Az: B 13 R 14/14 R und B 13 R 18/18 R) hat das Bundessozialgericht – das höchste Sozialgericht Deutschlands – diese gesetzliche Regelung nicht beanstandet, s. hierzu auch: Begrenzung Rentenanspruch arbeitender Mütter.

Zusammentreffen von Kindererziehungszeiten

Werden mehrere Kinder gleichzeitig erzogen (z. B. bei der Geburt von Zwillingen oder wenn während der Kindererziehungszeit ein weiteres Kind geboren wird), dann werden bei der Rentenberechnung ebenfalls die vollen 30 Monate (für Kinder, die bis 31.12.1991 geboren sind) bzw. 36 Monate (für Kinder, die ab 01.01.1992 geboren sind) bewertet.

Durch das Zusammentreffen von Kindererziehungszeiten kommt es damit zu keiner Verschlechterung bzw. geht keine bewertete Kindererziehungszeit verloren.

Beispiel:

Das erste Kind wurde am 15.01.1993 geboren, das zweite Kind wurde am 15.03.1994 geboren.

Folge:

Für das erste Kind wird grundsätzlich eine Kindererziehungszeit von Februar 1993 bis Januar 1996 anerkannt, für das zweite Kind von April 1994 bis März 1997. Da ab der Geburt des zweiten Kindes vom ersten Kind erst 14 Monate an Kindererziehungszeit berücksichtigt wurde, verlängert sich die Kinderziehungszeit beim zweiten Kind um (36 Monate – 14 Monate) 22 Monate.

Damit endet die Kindererziehungszeit nicht im März 1997, sondern im Januar 1999.

Besonderheit bei Besitzstandsfällen (Einführung Mütterrente/Mütterrente II)

Eine Besonderheit bei den Kindererziehungszeiten gibt es für Rentner(innen), die zur Einführung der Mütterrente bzw. Mütterrente II (also am 01.07.2014 bzw. 01.01.2019) bereits im Rentenbezug standen. Bei diesen sogenannten Bestandsrentnern wurde aufgrund der erweiterten Kindererziehungszeit die Rentenberechnung nicht komplett neu erstellt. Diese Versicherten erhielten bei der Einführung der:

  • Mütterrente pauschal einen Entgeltpunkt
  • Mütterrente II pauschal einen halben Entgeltpunkt

gutgeschrieben.

Prüfung von Rentenbescheiden

Versicherte, die ihren Rentenbescheid von einer neutralen Stelle überprüfen lassen möchten, können sich an einen registrierten Rentenberater wenden. Ein konkretes Kostenangebot für die Überprüfung des Rentenbescheides kann hier eingeholt werden.

Aufgrund der Komplexität der Rentenberechnungen kann es schnell zu einer Fehlberechnung kommen, welche sich negativ auf die Rentenhöhe auswirkt und zu finanziellen Verlusten für die betroffenen Rentner führt. Daher wird zwingend empfohlen, jeden Rentenbescheid überprüfen zu lassen.

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